Ungewöhnliche Tipps oder Hokuspokus?

Unter Gartenfreunden kursieren viele Gerüchte über angebliche“ Wundermittel“, die „todsicher“ wirken. Doch nicht immer sind positive Auswirkungen feststellbar, in vielen Fällen scheint es wirklich „Hokuspokus“ zu sein. Im Folgenden einige langjährigen Erfahrungen von Fachberater Thomas Schuster vom Pflanzenschutzdienst Ingolstadt.




Tomaten

Behandlungen mit Milch, Rhabarbertee, Kupfernägeln oder Kupferdraht (mit fungizider Wirkung) in der Wurzel bringen keine Vorteile. Milch- oder Molkeprodukte in Kartoffeln eingesetzt kann aber durchaus eine Verlängerung der Pflanzengesundheit von 8-10 Tage bringen. Bei Tomaten bringt es einen nicht viel weiter, wenn die Pflanzen 8-10 Tage länger gesund bleiben und dann zusammenbrechen. Oft werden Tomaten immer auf dem gleichen Standort gepflanzt. Dies ist nicht sinnvoll, da aber Tomaten diesbezüglich sehr robust sind, halten sie das relativ lange durch. Wer lange Zeit gesunde Tomaten haben will sollte die Pflanzen entweder mit einem Regenschutz versehen oder robuste Sorten pflanzen (z. B.: `de Berao`, bleibt gesund bis November)

Regenschutz für Tomaten

Fotos: © DLR





Obstbäume

Unbefriedigende Bekämpfungsergebnisse bringen Wellpapperinge gegen Apfelwickler (der Zuflug von anderen Bäumen wird nicht verhindert) und Gelbtafeln gegen die Kirchfruchtfliege. Wichtigste Maßnahme gegen Apfelwickler: Konsequentes Absammeln und Vernichtung der befallenen Früchte!
Kupfernägel bringen nur Motorsägen um, aber keine Bäume. Kapuzinerkresse unter Obstbäumen hilft nicht gegen Läuse. Die Apfelläuse gehen nicht auf die Kapuzinerkresse, die Kapuzinerläuse nicht auf den Apfel. Auch erfolgt keine Vertreibung über den Geruch.




Mischkultur

Es gibt zwar Nachweise, dass sich Wurzelausscheidungen auf die Nachfolgekultur auswirken (Lupine/Kartoffel), allerdings zeitlich versetzt. Bei Gemüse gibt es keinen einzigen gesicherten Nachweis, dass sich Pflanzen gegenseitig positiv beeinflussen. Der Hausgarten an sich wird als Mischkultur angesehen. Kombination Möhre und Zwiebel bringen keine Vorteile, weil beide Gemüsearten unterschiedliche Ansprüche an Nährstoffe, Wasser etc. stellen! Bester Schutz gegen Möhrenfliege: Anbau unter Kulturschutznetzen oder Einsatz robuster Sorten wie `Ìmgot` oder `Flyaway` von Kiepenkerl (diese Sorten enthalten keine Chlorogensäure, die für die Entwicklung der Maden lebenswichtig ist! Deshalb bleiben die Mohren weitestgehend verschont)




Wühlmäuse

Vertreibpflanzen wie Kaiserkrone funktionieren nicht. Bei Wolfsmilch müßten sie den giftigen Samen fressen, um einzugehen. Dies machen sie nur im Ausnahmefall. Ultraschallgeräte sind völlig wirkungslos.




Brennnessel

Kaltwasserauszüge sind weitgehend wirkungslos, die Wirkungsgrade liegen um 30 % (das ist vergleichbar einer Abspritzung mit einem scharfen Wasserstrahl aus dem Gartenschlauch!).
Brennessel-Jauche bzw. Kaltwasserauszug: Die positiven Auswirkungen beruhen wahrscheinlich auf der Düngewirkung. Die Brühe enthält ca. 3 % Stickstoff, dieser liegt aber zu 40 % als sofortverfügbarer Ammonium-Stickstoff vor. 5 kg Brennnessel ergeben so etwa ein Düngeäquivalent von 1 kg Volldünger (Blaukorn)!




Flechten

Wachsen nur auf ruhigen Untergründen. Flechten auf jungen Bäumen bedeuten, dass diese nicht mehr wachsen. Nach den Ursachen sollte geforscht werden. Die Flechten und Moose schaden als lebender Organismus weder jungen noch alten Bäumen. Jedoch hat die gewöhnliche gelbe Flechte auch bei jüngeren Bäumen in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Durch Entfernen der Flechten (Abbürsten, Schnitt) kann der Schädlingsbefall wenig beeinflußt werden.




Gärtnern nach dem Mond

Gärtnern nach dem Mond ist relativ neu und stützt sich nicht auf altüberdachtes Wissen. So werden dem Mond bei dem Durchwandern der Tierkreiszeichen bestimmte Eigenschaften zugeschrieben (Fördert Haarwachstum oder Fruchtbildung ...). Die Einteilung der Sternbilder erfolgt üblicherweise in 30 ° Sektoren, die der Mond in 2 Tagen durchwandert. In Wirklichkeit sind die Sektoren 12 ° - 40 ° groß, so dass der Mond in Wirklichkeit in einem ganz anderen, wie im Buch beschriebenen Sternbild verweilt.
Zudem werden den Pflanzen Einflüsse aufgrund des zu- oder abnehmenden Mondes zugeschrieben. Andere Autoren beziehen sich aber auf den auf- und absteigenden Mond. Abnehmend und Absteigend verlaufen jedoch nicht parallel. Das heiß, die Empfehlungen von z. B. Thun und Paungger können sich zeitweise völlig widersprechen, da sie von verschiedenen Ausgangsdaten ausgehen.
Ein Einfluß des Mondes auf das Wachstum ist bisher nur für seine Erdnähe/Erdferne nachgewiesen. Es reagiert aber jede Pflanzenart völlig individuell und lässt sich keiner Gruppe zuordnen. Kein Mondratgeber bezieht sich aber auf die Erdnähe des Mondes. Es gibt derzeit keine ernstzunehmenden Versuchsdaten, die die Mondratgeber bestätigen, es gibt aber sehr viele, die sie widerlegen.




Schnecken

Abwehr durch Moosextrakt (Lebermoosestrakt): keine Wirkung. Wirkung von Kaffee zur Abwehr und Abtötung: keine Effekte.

Die gemachten Aussagen basieren auf eigenen Versuchen und Ergebnisse von Versuchsanstalten.




Anmerkung zum Schluss:

Auch wenn die Beurteilung der vorgestellten Maßnahmen vielfach eher ernüchternd ist, so gilt doch immer noch der alte Spruch aus der Medizin: "Wer heilt hat Recht!". Wenn Sie also in ihrem Garten positive Erfahrungen gemacht haben mit einzelnen Verfahren, dann machen Sie auf jeden Fall weiter! Lassen Sie uns auch gerne Ihre Erfahrungen zukommen.


werner.ollig@dlr.rlp.de     www.Gartenakademie.rlp.de