Mauerblümchen und kleine Helden in Fugen und Ritzen

Unbeliebt und lästig, nichts als Arbeit…

So wird alles Grün, was sich in den Ritzen und Fugen von Wegen und Terrassen zeigt, ausgerissen, abgestochen, abgeflammt oder gar illegal vergiftet.

Was diese kleinen Pioniere jedoch leisten, wird übersehen.

Wenn eine Blume es schafft, durch eine nicht vorgesehene Ritze im Beton zu wachsen, verdient sie Respekt und Anerkennung.

„Unkräuter“ werden als Feinde, grüne Fugen als ein Zeichen von mangelnder Pflege angesehen. Das Gegenteil ist der Fall, grüne Fugen sind schön und haben viele positive Effekte!

Kühlung an heißen Tagen:

Alle wissen, wie stark sich Stein und Asphalt an sonnigen Tagen aufheizt. An Tagen mit 30°C Lufttemperatur sind Temperaturen über 50°C auf dem Pflaster keine Seltenheit. Diese Wärme speichern Steine besonders gut und geben sie nachts wieder an die Umgebung ab- wie ein Pizzaofen. Sind diese Steinflächen nur von kleinen Pflanzen unterbrochen, werden die Temperaturen signifikant gesenkt. Das liegt an der Transpiration der Pflanzen- um Photosynthese zu betreiben, öffnen sie ihre Spaltöffnungen, aus denen Wasser verdunstet und so die Luft abkühlt

Eine starke Leistung für kleine Pflänzchen, die dazu noch Fußtritte aushalten!

Wasserversickerung:

Alles Regenwasser, das von versiegelten Flächen abläuft, landet in der Kanalisation. Von dort geht es in die Kläranlagen, irgendwann in die Flüsse und ist dann für die Grundwasserbildung verloren. Bei Starkregen ist die Kanalisation schnell überlastet, die Gullys laufen über und es kommt zu Überschwemmungen.

Sind die Böden aufnahmefähiger und kann mehr Wasser auf den Flächen nach dem Prinzip eines Schwamms aufgenommen werden, ist Regenwasser eine wertvolle Ressource statt einer Belastung.

Jeder Quadratmeter Boden, der wasserdurchlässig gestaltet wird trägt zu einer Verbesserung bei!

Mit trittfesten Pflanzen begrünte Fugen schädigen das Pflaster nicht etwa, sondern stabilisieren es sogar, indem die Wurzeln Steine zusammen halten.

Biodiversität:

Viele kleine Pflanzen sind eine wichtige Futterversorgung für Insekten und Kleintiere in der Stadt, auch für uns unscheinbare Blüten bieten Nahrung für Insekten und wiederum für Tiere, die sich von ihnen ernähren.

Vielleicht können wir uns von der Vorstellung befreien, dass grüne Fugen ungepflegt sind und im eigenen Garten mal den Spieß umdrehen und seine Fugen proaktiv mit Pflanzen, die man mag begrünen.

So hat man alle positiven Effekte einer Fugenbegrünung vereint mit zusätzliche Pflanzfläche für zarte Pflänzchen, die im Beet untergehen oder auf der Dachbegrünung aus dem Blickfeld verschwinden.

Pflanzen für die Fugenbegrünung:

Sonniger Standort:

Mauerpfeffer (Sedum)

Dachwurz (Sempervivum)

Sandthymian (Thymus serpyllum)

Stachelnüsschen (Acaena buchananii)

Spanisches Gänseblümchen (Erigeron karvinskianus)

Schattiger Standort:

Fiederpolster (Cotula potentillina)

Bubikopf (Soleirolia soleirolii

Sternmoos (Sagina subulata)

Veilchen (Viola odorata)

Glockenblume (Campanula porschaskyana)

Walderdbeere (Fragaria vesca)

Wie gehe ich dazu am besten vor?

Sind in einem bestehenden Pflaster schon viele Wildpflanzen etabliert, müssen Sie selbst entscheiden, welche bleiben oder gehen müssen. Wegerich und Löwenzahn erfüllen ihre Funktion, aber sind (noch) nicht bei allen beliebt.

Oft sind sie durch Selbstaussaat schon gut am Standort etabliert und versorgen sich mit tiefen Pfahlwurzeln.

Haben Sie alle unerwünschten Pflanzen entfernt, füllen sie die Fugen mit sandiger und lockerer Erde auf, z.B Aussaat- oder Dachgartensubstrat.

Bei schmalen Fugen unter zwei Zentimeter Breite kann man mit einer Ausaatmischung für Fugen und Ritzen arbeiten. Es gibt zahlreiche Anbieter, die dekorative Mischungen für diesen Spezialstandort anbieten.

Breite Fugen können sogar mit kleinen Polsterstauden bepflanzt werden.

In den ersten Wochen benötigen sie noch Unterstützung durch regelmäßige Wassergaben, sind sie einmal etabliert, versorgen sie sich selbst und können gelegentlich oder nach dem Winter zurück geschnitten werden.

Eine weitere praktische Möglichkeit, seine Fugen erblühen zu lassen, ist die gezielte Selbstaussaat von Initialpflanzen zu zulassen.

Dazu stellt am einen Topf mit der gewünschten Pflanze, z.B. Federgras, Zimbelkraut, Spanisches Gänseblümchen oder Frauenmantel auf seine Terrasse und lässt sie dort abblühen. Im nächsten Jahr hat man lauter kleine Sämlinge, die sich von selbst weiter verbreiten. Das ist einfach, dekorativ und effektiv!

Werden sie experimentierfreudig, testen Sie selbst, welche Ihrer Gartenpflanzen vielleicht im Miniaturformat in den Pflasterfugen auftauchen.

Das Leben ist zu kurz um auf den Knien Fugen frei zu kratzen!

Weitere Informationen:

https://www.spektrum.de/news/bewachsene-fugen-superunkraeuter-gegen-hitzestress/2142636?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE



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