Wildobstarten

Warum ist das Interesse für Wildobstarten gestiegen?

In den vergangenen Jahren kann man ein deutlich steigendes Interesse an Wildobstarten beobachten, dies hat verschiedene Ursachen:

1. Wildobstarten stellen eine Erweiterung des in den letzten Jahren deutlich verringerten Handelssortiments an Ziergehölzen dar. Sie verbinden mit dem Schmuckwert durch Wuchs, Blätter, Blüten und Früchten die Möglichkeit der Nutzung der Früchte als Frisch- oder Verwertungsobst.

2. In der Form von Hecken, Schutzstreifen, Böschungsbegrünung, Vogelschutzgehölzen und Bienenweiden bieten Wildobstarten vielfache Möglichkeiten der Garten- und Landschaftsgestaltung.

3. Von Wildobstarten wie Holunder und Sanddom sind zwar schon Sorten ausgelesen worden. Diese stehen den Wildarten jedoch in ihren Eigenschaften noch recht nahe und weisen deren robustes Wachstum sowie deren Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und Schädlinge auf.

4. Früchte von Wildobstarten zeichnen sich durch ein besonderes Aroma und einen hohen Gehalt an Vitaminen, Mineral- und Farbstoffen aus. Besondere Aufmerksamkeit hat der Vitamin-C-Gehalt gefunden. So wird in Fachkreisen die Eberesche als "Zitrone des Nordens" bezeichnet, die den Vitamin-C-Gehalt der Zitrone um 80 Prozent übertrifft. Bezogen auf das verzehrbahre Fruchtgewebe enthält Sanddorn sogar den achtfachen und die Hagebutte den dreißigfachen Vitamin-C-Gehalt der Zitrone.

Wildobstarten

Schwarze Apfelbeere (Aronia melanocarpa)

Die Apfelbeere wächst buschartig und wird bis 2 m hoch. Sie gedeiht sowohl auf nährstoffarmen, steinigen Böden als auch auf grundwassernahen Standorten. Die Apfelbeere hat einen hohen Lichtanspruch und benötigt daher mindestens einen Pflanzabstand von 2 Metern zwischen zwei Büschen. Die Blätter weisen eine sehr attraktive rote Herbstfärbung auf.

Die Blüte ist dem Weißdom ähnlich. Aufgrund des späten Blühtermins Ende Mai besteht keine Spätfrostgefährdung. Die Frucht ist erbsengroß und von violettschwarzer Farbe. Sie ist zum Frischverzehr nicht geeignet. Die Inhaltsstoffe sind durch den dunkelroten, sehr stark färbenden Saft sowie durch geringe Säure und einen hohen Zuckergehalt gekennzeichnet. Die Früchte können zu Marmelade, Fruchtsoßen und Likör verarbeitet werden. Der Presssaft ist als biologischer Färbesaft geeignet.

Scheinquitte (Chaenomeles japonica)

Die Scheinquitte ist ein dem Gartenliebhaber bekanntes Ziergehölz, das sowohl in flach als auch in aufrecht wachsenden Sorten gehandelt wird. Es werden nährstoffreiche Standorte mit leicht saurer Bodenreaktion bevorzugt .

Die Scheinquitte hat durch die Selektion großfruchtiger Sorten als Wildobst wieder an Bedeutung gewonnen. Die Frucht zeichnet sich durch hohe Gehalte an Vitamin- C, Säure und Pektin aus. Sie ist nicht für den Frischverzehr, sondern nur für die Verarbeitung z.B. zu Marmelade, Most und Likör geeignet. Aufgrund ihrer hohen Säuregehalte werden die Früchte häufig in Mischung mit säurearmen Obstarten verarbeitet.

Kornelkirsche (Cornus mas)

Die Kornelkirsche ist ein sehr robustes Wildgehölz, das dem aufmerksamen Naturbeobachter durch seine äußerst frühe Blüte schon Ende Februar in der Form von gelben Trugdolden von etwa 1 cm Durchmesser auffällt. Für ein optimales Gedeihen sind genügend Standraum und ein kalkhaltiger Boden erforderlich.

Im September reifen die glänzend roten und 1 bis 2 cm langen ovalen Steinfrüchte. Mit zunehmender Reife werden die Frucht dunkelrot. Das herb-säuerliche Fruchtfleisch löst schlecht vom Stein. Die Früchte können als Vitamin- C- reiches Frischobst verzehrt werden. Sie sind weiterhin zum Tiefgefrieren, zum Trocknen sowie für die Verarbeitung zu Saft, Wein oder Marmelade geeignet. In Österreich, Tschechien, Russland und der Türkei sind großfruchtige Sorten auch mit gelber Fruchtfarbe ausgelesen und geprüft worden.

Sanddorn (Hippophae rhamnoides)

Der gesundheitliche Wert der Sanddomfrüchte ist vielfach untersucht und bestätigt worden. Dies hat dazu geführt, dass Sanddom sogar in Plantagen angebaut wird, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Für den Gartenbesitzer ist von Wichtigkeit, dass Sanddomsträucher entweder nur weibliche oder nur männliche Blüten haben. Als weibliche Sorten sind "Askola", "Dorana" und "Leikora" für den Garten geeignet, da sie lange die Fruchtfarbe und damit ihren Zierwert behalten. Männliche Sorten, die als Befruchtersorten beigepflanzt werden müssen, sind "Pollmix 1-4". Als Standort werden leichte Böden bevorzugt. Sanddom gedeiht jedoch auch auf schwereren Böden, solange diese ausreichend belüftet sind. Sanddombüsche dienen als Pioniergehölze zur Dünen- und Hangbefestigung. Diese Eigenschaft ist auf das robuste Wurzelwachstum zurückzuführen, das im Gartenbereich jedoch auch imstande ist, Stützmauern oder Plattenwege zu gefährden.

Die ausgelesenen Sorten zeichnen sich aus durch hohe Gehalte für die wertbestimmenden lnhaltsstoffe wie Fruchtsäuren, Vitamine und Öle. Von den Vitaminen sind Vitamin A, C und E zu nennen. Der Ölgehalt spielt für die medizinische und kosmetische Verwendung eine Rolle. Er ist so hoch, dass man auf frisch gepressten Säften eine die Oberfläche bedeckende Ölschicht vorfindet. Neben der Verwendung zu Saft und Marmelade erlauben die hohen Gehalte an Inhaltsstoffen eine Beimischung zu Milchmixgetränken und zu Kindernahrung.

Fruchtrose (Rosa spec.)

Die züchterisch nicht oder nur wenig bearbeiteten Rosenarten wie R. canina, R. gallica und R. rugosa, die im Herbst nicht nur eine Zierde darstellen, sondern nach Entfernung des Blütenansatzes und der Keine auch als Verwertungsobst genutzt werden können. Die Hagebutten wachsen an Büschen mit Strauchrosencharakter, aufrechtem Wuchs und überhängenden Zweigen. Rosen bevorzugen einen sonnigen Stand und einen mittelschweren Boden bei schwach saurer oder leicht alkalischer Bodenreaktion.

Früchte folgender Rosenarten haben sich wegen der Fruchtgröße, ihren Gehalten an den Vitaminen A, B1, B2 und K2, an Fruchtsäuren, an Zucker sowie an Pektinen bewährt: R. dumalis mit Sorte "Pi Ro 3, R. moyessii und R. villosa (Apfelrose) mit Sorte "Karpatia". Aus den Blütenblättern der R. gallica (Essigrose) können Konfitüren hergestellt und Rosenöl gewonnen werden. Sonstige Verwendungszwecke für Hagebutten sind die Verarbeitung zu Sirup, Saft, Marmelade oder nach Trocknung zu Tee.

Schwarzer Holunder (Sambucus nigra)

Aufgrund gestiegener Nachfrage nach Holunder für die Saft- und Fruchtweinindustrie sowie für die Verwertung als biologisches Färbemittel wird diese Obstart mittlerweile auch in geschlossenen Pflanzungen angebaut. Für den Gartenbesitzer weist Holunder nicht nur positive Eigenschaften auf. Im Ertragsstadium stehende Büsche haben einen hohen Platzbedarf von ca. 20 m2. Die Blüten besitzen einen süßlich strengen Geruch, der nicht jedermann zusagt. Die Ausscheidungen von Vögeln, die sich über den Holunder hergemacht haben, vermögen Haus und Hof recht drastisch zu verunreinigen. Vom Freizeitgärtner sollte Holunder daher eher am Gartenrand oder als Bestandteil einer freien Hecke gepflanzt werden. Bewährt haben sich die Sorten Haschberg, Hamburg und Sambu. Auf frischen und nährstoffreichen Standorten gedeiht Holunder am besten. Werden diese Ansprüche auf trockenen und insbesondere stickstoffarmen Böden nicht befriedigt, so bleiben die Büsche entsprechend kleiner. Es gibt keine für Holunder spezifischen Krankheiten und Schädlinge. Es ist jedoch auf Blattlausbefall und das Auftreten von Wühlmäusen zu achten, die auf trockenen und lockeren Böden zu einem Totalausfall führen können.

Die Früchte sind für den Rohgenuss nicht geeignet. Insbesondere nicht voll ausgereifte Früchte enthalten das Glykosid Sambunigrin, das zu Darmverstimmungen führen kann. Durch Erhitzen wird Sambunigrin zerstört. Holunderbeeren können zu Gelee, Saft und Wein verarbeitet werden. Getrocknete Blüten ergeben einen gesundheitsfördernden Tee. Der intensive Farbstoff gilt als guter biologischer Färbesaft zu vielen Verarbeitungsprodukten.

Eberesche (Sorbus aucuparia)

Wie der für die Eberesche ebenso gebräuchliche Name Vogelbeere besagt, dienen die Beeren im Verlauf des Winters als Vogelfutter. Dies hat sich durch die Selektion bitterstoffarmer Mutanten geändert, deren Früchte in vielfacher Weise für den menschlichen Genuss geeignet sind. Die genannten Edelebereschen werden auf Ebereschensämling oder auf Quitte veredelt und als Halb- oder Hochstamm erzogen. Der Schnitt beschränkt sich auf einen Erziehungsschnitt zum Aufbau von tragfähigen Leitästen und einen späteren Auslichtungsschnitt. Auf frischen, schwach sauren und mittelschweren Böden gedeihen Ebereschen am besten. m Straßenbegleitgrün leiden die Bäume unter Salzempfindlichkeit.

Die in Trugdolden stehenden selbstbefruchtenden Blüten dienen als Bienenweide. Die Früchte weisen hohe Gehalte an Vitamin- C, Provitamin A, Fruchtsäuren, Zucker und Sorbit auf. Die in den Früchten enthaltene Sorbinsäure findet aufgrund der Wirkung gegen verschiedene Schimmelpilze und Bakterien in der Lebensmittelkonservierung Verwendung. Sommerreife Früchte werden zu Marmelade, Kompott und kandierten Früchten verarbeitet. Früchte, welche die Vollreife erreicht haben, sind für die Gewinnung von Saft, Likör und Branntwein geeignet. Getrocknete Früchte können als Rosinen frisch verzehrt werden. In Ostdeutschland wurde die Sorte Rosina gezüchtet, die für verschiedene Verwendungszwecke geeignet ist. Weitere großfruchtige Selektionen befinden sich in Österreich in der Prüfung.


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