Schnitt von Strauchbeerenobst

Fragen wie “Wie schneide ich meine Johannisbeere?” oder “Wie werden Himbeeren richtig beschnitten?” werden in letzter Zeit immer häufiger gestellt. Offenbar besteht hier ein erhöhter Informationsbedarf. Vor diesem Hintergrund soll nachfolgend eine kurze Abhandlung über diese Thematik erfolgen. Dieses Informationsblatt kann kein Buch und schon gar nicht einen Schnittkurs ersetzen.

Wuchscharakter vom Beerenobststräuchern
Das meiste Strauchbeerenobst weist einen basitonischen Wuchscharakter auf. Das heißt die natürliche Verjüngung erfolgt in Neuaustrieben, die neben dem Altholz “aus dem Boden” entstehen. Alle neuen Triebe werden aus der Basis gebildet. Für den Schnitt der Beerensträucher ist dies von entscheidender Bedeutung, da eine Verjüngung herbeigeführt werden kann. Altäste neigen ab einem gewissen Alter dazu, dass sie teilweise absterben oder auch vermorschen. Erkennungsmerkmale für junges Holz ist die helle Rinde und für altes Holz eine dunkle Rinde. Die neuen Triebe aus der Basis werden als Ersatz für die alten Triebe herangezogen. Beim Schnitt ist darauf zu achten, dass nicht alle Neutriebe im Strauch verbleiben können. Ferner ist wichtig, dass beim Schnitt immer die ältesten Triebe zuerst entfernt werden. Dieser beschriebene basitonische Wuchs-charakter gilt im Grundprinzip für Sträucher von Johannisbeeren und Stachelbeeren sowie für Kulturheidelbeeren, Brombeeren und Himbeeren. Für Fußstämme und Hochstämme bei Beerenobst gelten andere Gesetzmäßigkeiten beim Schnitt.

Zu den Obstarten im Einzelnen
  1. Johannisbeeren und Stachelbeeren als Sträucher
Sträucher von Johannisbeeren und Stachelbeeren stellen den klassischen Fall des basitonischen Wuchses dar, wobei es einige Besonderheiten gibt:

Schwarze Johannisbeeren bilden im Regelfall viele Neutriebe aus der Basis und dienen, wie beschrieben, der Verjüngung. Beim Schnitt sollen, so eine Faustregel, zirka 5 - 6 neue Basistriebe und ebenso zirka 5 - 6 alte Triebe verbleiben, die möglichst gleichmäßig im Strauch verteilt sein sollten. Schwache Neutriebe werden im Allgemeinen ganz entfernt.

Bei Roten Johannisbeeren erfolgt der Neuaustrieb je nach Sorte sehr unterschiedlich. Es gibt Sorten wie beispielsweise Heros und Red Lake mit schwachem Wuchs und schlechter Verzweigung. Die Verjüngung aus der Basis erfolgt meist nicht und wenn, dann nur spärlich. Die alten Triebe wachsen meist etwas schwächlich mit wenig Verzweigung. Bei diesen Roten Johannisbeersorten erfolgt bei den alten Ästen, den Gerüstästen, ein kräftiger Rückschnitt im Holz, um so eine Kräftigung und Verzweigung der Äste herbeizuführen. Die stark wachsenden Johannisbeersorten wie z.B. Rondom und Heinemanns Rote Spätlese werden wie die Schwarzen Johannisbeeren geschnitten..

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Weiße Johannisbeeren sind ähnlich wie die schwach wachsenden Rote Johannisbeersorten beim Schnitt zu behandeln.
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Stachelbeeren bilden im Allgemeinen aus der Basis leicht Neutriebe. Von daher erfolgt die Verjüngung wie bei der Schwarzen Johannisbeere. Der oft an alten Sträuchern praktizierte Stummelschnitt hat generell zu unterbleiben, weil an den Schnittstellen vermehrt Triebe wie beim Formheckenschnitt gebildet werden. Diese Triebe werden nicht benötigt und tragen zudem zur Beschattung des Strauchinneren bei, wodurch die neuen Basistriebe nicht genügend Licht bekommen und verkümmern. Außerdem wird durch die Verzweigung an den Schnittstellen die Ernte wegen der zusätzlichen Triebe mit Stacheln erschwert. Ein Problem gibt es in Form des Amerikanischen Stachelbeermeltaus. Die Bekämpfung des Amerikanischen Stachelbeermehltaus ist zu den entsprechenden Bekämpfungszeitpunkten durchzuführen. Beim Winterschnitt sind alle befallene Triebe, also die graubräunlich verfärbten einjährigen Triebe, unter Beachtung der Vermeidung des Stummelschnittes zu entfernen. Ansonsten sei auf mehltauresistente Stachelbeersorten wie beispielsweise Invicta (grüne Frucht) und Rokula (rote Frucht) verwiesen.

2. Fußstämme und Hochstämme bei Johannisbeeren und Stachelbeeren
Bei Fußstämmen und Hochstämmen handelt es sich um Veredlungen, die unterschiedliche Stammhöhen aufweisen. Die Stammhöhe bei Fußstämmen beträgt 40 – 50 cm und bei Hochstämmen 80 – 90 cm. Auf diesen Stamm wurde die Johannisbeer- oder Stachelbeersorte veredelt. Für die Kronenerziehung ist wichtig, dass die Edelsorte nicht aus der Veredlungsstelle bricht. Hochstämme benötigen daher ständig einen Pfahl, an der die Krone festgebunden ist. Beim Schnitt muß auf ein Gleichgewicht in der Länge der Gerüstäste geachtet werden, die auch möglichst gleichmäßig verteilt sein sollten. Lange Äste drohen bei Fruchtbehang auszubrechen und sind aus Stabilitätsgründen entsprechend einzukürzen. Wie bei Stachelbeersträuchern bereits ausgeführt, hat auch bei Stachelbeerfuß- und Stachelbeerhochstämmen der Stummelschnitt ebenso zu unterbleiben.

3. Brombeeren
Wie die Johannisbeer- und Stachelbeersträucher weisen unsere Brombeersträucher im Garten einen basitonischen Wuchscharakter auf, nur mit dem Unterschied, dass die Brombeeren Ranken besitzen. Aufgrund der Rankenbildung benötigen sie ein Erziehungsgerüst, an dem die Ranken hochgebunden werden. Aus der Basis werden ständig neue Triebe gebildet, die teilweise zur Verjüngung benötigt werden. Zur Vorgehensweise: Beim Schnitt beläßt man pro Strauch 5 - 6 kräftige Ranken, wobei die ältesten Triebe generell zuerst entfernt werden. Die beste Erneuerung erreicht man, wenn die Ranken nicht älter als 2 Jahre alt werden. Überzählige Neutriebe und nicht mehr benötigte Alttriebe sind über dem Boden abzuschneiden. Auf eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Triebe und die Anheftung der Ranken am Erziehungsgerüst ist zu achten.
Außer diesen Schnittarbeiten sollte man sich im Sommer den Geiztrieben widmen. Aus den Blattachseln der Ranken werden Seitentriebe (Geiztriebe) gebildet. Die Geiztriebe werden auf 2 – 3 Augen zurückgeschnitten. Wenn Geiztriebe nicht eingekürzt werden, dann wird der Brombeerstrauch im Aufbau unübersichtlich. Zudem beschatten Geiztriebe die Früchte, wodurch eine Qualitätsminderung bezüglich Ausfärbung und Inhaltsstoffen erfolgt. Ein Rückschnitt der Geiztriebe bedeutet auch eine Förderung der Blütenknospenanlage.

4. Himbeeren
Auch Himbeeren weisen im Prinzip zwar einen basitonischen Wuchscharakter auf, doch die Himbeere neigt zu einer Wurzelstockbildung, der durch Neubildung und Absterben im Boden “wandert”.
Einige Himbeersorten können auch sogenannte Ausläufer bilden. Da die Himbeeren nicht standorttreu sind, muss dies bei der Planung im Garten berücksichtigt werden.

Schnitt der Einmaltragenden Sorten: Der Schnitt erfolgt unmittelbar direkt nach der Ernte. Die abgetragenen Ruten werden über dem Boden abgeschnitten und wegen der Rutenkrankheit vernichtet. Von den jungen Trieben läßt man 8 – 10 Stück pro laufenden Meter stehen, die am Erziehungsgerüst angeheftet werden. Die überzähligen Triebe werden über dem Boden abgeschnitten.

Schnitt der Zweimaltragenden Sorten: Bei diesen Himbeeren fruchten bereits die diesjährigen Triebe, die im Laufe des Sommers gebildet wurden. Die reifen Früchte können ab Mitte August bis zum Frost geerntet werden. Der obere Teil des Triebes, an dem sich die Früchte befanden, stirbt danach ab und muss im zeitigen Frühjahr zurückgeschnitten werden. Aus den Knospen im unteren Teil des Triebes werden neue Triebe gebildet, die dann wie die Einmaltragenden Sorten Fruchtstände hervorbringen. Nachdem diese Triebe zweimal getragen haben, sind nach dieser Ernte alle Ruten über dem Boden abzuschneiden. Im Regelfall benötigt die Zweimaltragende Himbeere wegen ihrer geringen Höhe kein Erziehungsgerüst.

Schnittzeitpunkt

Winterschnitt
Traditionell hat sich eingebürgert, die Obstbäume und Beerenobststräucher im Winter zu schneiden. Der Vorteil ist unbestritten, dass im laublosen Zustand der Aufbau besser zu erkennen ist. Obstgehölze, die einen schwachen Wuchs aufweisen, erfordern eine Stärkung durch einen kräftigen Rückschnitt. Diese Wirkung erzielt man nur durch den Winterschnitt.

Sommerschnitt
Der Sommerschnitt kommt bei Beerenobststräuchern immer mehr ins Gespräch. Dass bei Himbeeren sofort nach der Ernte die abgetragenen Ruten entfernt werden, ist offensichtlich bei Vielen bekannt und stellt einen Sommerschnitt dar. Doch wie verhält es sich mit den anderen Beerenobststräuchern? – Hier besteht eine Unsicherheit, zumal in diversen Gartenzeitschriften je nach Autor die unterschiedlichsten Varianten zu lesen sind. Zur Klärung folgende Dinge: 1. Sommerschnitt an Beerenobststräuchern, wie bei Johannis- und Stachelbeersträuchern beschrieben, können Vorteile bringen. Diese bestehen in der besseren Belichtung der jungen Basistriebe, wodurch die Jungtriebe wegen genügend Platz im Strauchinneren einen besseren Wuchs aufweisen. Desweiteren erfolgt auch eine bessere Nährstoffversorgung aus dem Boden sowie eine bessere Photosynthese der verbliebenen Triebe. 2. Beerenobststräucher, die einen schwachen Wuchs aufweisen, sollten im Sommer nicht geschnitten werden. Zur Begründung ist zu nennen, dass das Wirkungsprinzip des Sommerschnittes in der Regel auf geschwächtes Triebwachstum und auf Stärkung des generativen Wachstum beruht. Dies im Gegensatz zum Winterschnitt. Von daher sind diese Beerenobststräucher im Winter zu schneiden.

Schnittwerkzeuge

Bei den Schnittwerkzeugen ist generell darauf zu achten, dass diese scharf sind, um so einen sauberen Schnitt durchführen zu können. An geeigneten Schnittwerkzeugen ist an erster Stelle die Astschere zu nennen. Beim Kauf sollte man auf möglichst lange Griffe achten, damit man so besser in das Strauchinnere gelangt und die Äste gut entfernt werden können. Bezüglich der Schneidtechnik gibt es zwei Ausführungen: Das Amboßprinzip, wobei die Schneideklinge auf eine Unterlage (Amboß) schneidet und zweitens, wo zwei Schneideklingen gegeneinander, aber beim Schnitt vorbeilaufen. Letzteres Prinzip wird allgemein als schnittschonender eingestuft, da die Gefahr der Quetschung weitaus geringer ist. Neben der Astschere empfiehlt sich eine Handschere für Feinarbeiten, wobei besonders hier das zweite Prinzip zu verwenden ist. Desweiteren könnte noch eine Stichsäge oder eine schmale Klappsäge bei einigen Schnittarbeiten gute Dienste leisten. Wenn jedoch eine gute Astschere gekauft wird, dann wird im Regelfall auch keine Säge benötigt.


Johann.Schierenbeck@DLR.RLP.DE     www.gartenakademie.rlp.de