Steinreich statt artenreich – neuer Trend im Vorgarten.

Jeder kennt Beispiele aus der Nachbarschaft, und man hat den Eindruck, es werden immer mehr. Besonders in Neubaugebieten erfreuen sie sich offenbar größter Beliebtheit, aber auch vor dem klassischen Garten machen sie nicht halt. Gemeint sich die Vorgärten, die innerhalb weniger Tage von einer mehr oder weniger üppigen Bepflanzung zur Steinwüste mutieren. So manch ein Gartenfreund wundert sich, das soll ein Garten sein? Was ist der Grund dafür, dass Gärten plötzlich steinreich, aber arm an Pflanzen sind. Und das in einer Zeit, in der die Artenvielfalt (Biodiversität) ganz weit oben steht!

Echte Steingärten

Steingärten gibt es seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Meist handelt es sich um Teilflächen eines Gartens, die unter Verwendung von Steinen, Kies und Splitt den idealen Standort für Pflanzen aus der Gebirgsflora oder besonders trockenheitsverträgliche Pflanzen bieten, die nur geringe Ansprüche an den Boden stellen. So werden Primeln, Nelkenwurz, Hauswurz, Enzian, Alpennelke, Hauswurz und Katzenpfötchen bevorzugt an Hänge und Böschungen gepflanzt, um den alpinen Charakter herauszustellen. Zwergkoniferen und andere Sträucher und große Steine runden das Bild der Gebirgssituation ab. Für sonnige Standorte bieten sich Lavendel und Thymian an, die auch mit wenig Wasser auskommen. Echte Steingärten sind also eigentlich kleine Biotope, in denen man bestimmte Pflanzen außerhalb ihrer natürlichen Verbreitung unter Verwendung eines speziellen Substrates (Kies, Splitt) kultivieren kann. Bis vor wenigen Jahren waren sie auch nur bei einer kleinen Gruppe von Liebhabern anzutreffen. Doch das hat sich schlagartig geändert: neuerdings scheinen die Steine ganz klar im Vordergrund zu stehen und nicht die Pflanzen!

Vom Steingarten zur Steinwüste

Heute trifft man zunehmend mehr auf eine andere Spezies von „steinreichen“ Gärten, in denen die Steine ganz eindeutig im Vordergrund stehen. Salopp gesagt geht das ganz einfach: man nehme einen LKW voll Kies oder Splitt – möglichst in verschiedenen Größen und Farben – kippe den in den Vorgarten, pflanze rechts und links einen Form-Bux, und fertig ist der Vor “garten“! Der Grund für diese Entwicklung ist einfach: solche „Gärten“ werden als besonders pflegeleicht angepriesen, ja als der perfekte Garten für Faule! Klingt logisch, denn auf Kies und Splitt wächst ja kein Wildkraut (Unkraut), dass man mühsam jäten und entfernen muss. Und er sieht immer gepflegt und ordentlich aus, 365 Tage im Jahr gleich. Und die Steine, der Kies, der Splitt sind super-günstig zu haben. Aber nicht aus dem heimischen Steinbruch um die Ecke, sondern überwiegend aus China oder Indien. Also, die perfekte Lösung!?

© DLR
© DLR
Der Steingarten bietet Pflanzen für extreme Standort Lebensraum! Eidechsen fühlen sich hier wohl.
Hoffentlich stört hier Nachbars Katze nicht das schöne Muster!
Ohne Arbeit geht es nicht

Um es vorneweg zu sagen: Ohne Pflege geht es auch hier nicht. Zwar werden unter der Kies- oder Splittschicht spezielle Anti-Wurzelfolien verlegt, die ein durchwachsen von Wurzelunkräutern verhindern sollen. Und das tun sie auch über viele Jahre, aber trotzdem werden immer Samen durch den Wind verfrachtet, die dann auch zwischen den Steinen keimen und wachsen! Also muss auch hier gejätet werden. Und die schönen, weißen Steine verfärben sich mit den Jahren dunkel, bei Feuchtigkeit wachsen Algen und Flechten. Und im Herbst fallen Blätter in die Steine, und das ist gar nicht so einfach, die da raus zu bekommen. Mit dem Staubsauger vielleicht? Also, doch nichts mit dem Garten für Faule?

Und wo bleibt die Vielfalt? Pflanzen, die sich im Laufe der Jahreszeit entwickeln, wachsen, bunt blühen und üppig fruchten? Wo sind die Blüten, die nützliche Insekten anlocken? Wo bleiben Farben und Gerüche? Wo bleibt die Gartenkultur? Das alles haben solche meist sehr kühl gestylten Stein- oder Kiesgärten nicht zu bieten. Denn statt trockenheitsresistente Stauden mit geringen Ansprüchen, die aufgrund der Abmagerung durch Kies oder Splitt da hingehören, wird bevorzugt Bux oder Formkoniferen in allen Formvarianten gepflanzt. Und genau die fühlen sich dort nicht immer wohl, denn sie bevorzugen einen guten Boden mit gleichmäßiger Wasserversorgung. Und so ist es nicht verwunderlich, dass solche Pflanzen im Sommer regelrecht „gegrillt“ werden, denn die Steine speichern die Hitze des Tages und strahlen sie nachts ab.

Bei vielen dieser Flächen spielen die Pflanzen nur noch eine untergeordnete Rolle, die Steine stehen im Vordergrund. Obwohl mediterranes Flair gewünscht wird, wirken dies Gärten kalt und artenarm. Und ohne Arbeit geht es auch hier nicht, auch wenn dieses Argument oft den Ausschlag dafür gibt. Und wenn es ein Kiesbeet sein soll, dann achten Sie auf die Auswahl geeigneter, trockenheitsverträglicher Pflanzen. Und fragen Sie nach der Herkunft der Steine. Denn keiner will sich Steine in den Vorgarten legen, die von Kinderhand gebrochen und zerkleinert werden!

Pflegeleicht geht anders

Vorgärten können auch so angelegt werden, dass sie weniger Arbeit machen! Entscheidet man sich für eine Bepflanzung mit Gehölzen, kann eine Rindenmulchabdeckung über viele Jahre den Unkrautaufwuchs unterdrücken. Es gibt dabei jedoch einiges zu beachten: Vor dem Aufbringen von Rindenmulch muss der Untergrund unkrautfrei sein. Es können spezielle wasserdurchlässige Vliese aus dem Fachhandel aufgebracht werden, um das Durchwachsen evtl. noch vorhandenen Unkrautes zu verhindern. Beim Abmulchen von Beeten mit flachwurzelnden Pflanzen empfiehlt sich eine vorhergehende Zugabe von Stickstoff (z.B. 40-80g/m² Hornspäne) zugeben. Dann wird 8 -10 cm dick Rindenmulch aufgebracht. Da Rindenmulch mit der Zeit verrottet, muss alle paar Jahre eine neue Lage über den alten Rindenmulch aufgebracht werden, um die gewünschte Unkrautunterdrückung weiter zu erhalten. So wird die Bodenbearbeitung minimiert, Blätter kann man relativ gut mit dem Laubbesen entfernen. Wenn nicht alle Blätter dabei „erwischt“ werden, ist dies weiter nicht störend, denn sie können vor Ort verrotten. Natürlich darf es einen nicht stören, dass Vögel gelegentlich im Mulch scharren…
Eine weitere Möglichkeit ist eine dichte Staudenpflanzung. Hier muss das Beet ebenfalls zunächst Wurzelunkrautfrei sein. Dann wird es mit standortgerechten Stauden bepflanzt. In die zunächst noch bestehenden Lücken werden einjährige Blumen gesät, die sich gut selbst aussäten, so dass sie bereits im zweiten Jahr selbstständig die freien Plätze besiedeln. In den ersten beiden Jahren muss tatsächlich noch mehrmals gejätet werden, danach ist die Pflanzung so dicht, dass man mit 2 Jätegängen pro Jahr auskommt. Auf den Einsatz von Mulchfolie sollte bei dieser Art der Bepflanzung verzichtet werden, da ein flächiges Ausbreiten der Pflanzen erwünscht ist.
Das Regelmäßige Gießen kann man sich ebenfalls ersparen, wenn man entweder die Pflanzen so auswählt, dass sie Trockenheit vertragen oder man verlegt eine automatische Tröpfchen Bewässerung.

Fazit:

Zu unserer Gartenkultur gehören verschiedene Pflanzen und Tiere dazu. Wer also Pflanzenvielfalt und Lebendigkeit in seinem Garten schätzt, wird weiterhin auf eine reichhaltige Bepflanzung mit vielen verschiedenen Pflanzen Wert legen. Farben, Eindrücke, Düfte und Früchte sind Balsam für Körper, Geist und Seele und lassen uns den Garten und die Natur mit allen Sinnen genießen. Und bei einer guten Gartengestaltung muss das nicht viel Arbeit manchen!

© DLR
Ein dichtgepflanztes Staudenbeet lässt
keinen Platz für "Unkraut"!
Alternativen:

Staudenmischungen

Blütenstreifen

Blütenmischung



werner.ollig@dlr.rlp.de     www.Gartenakademie.rlp.de