1997 / 04 - Vom Umgang mit giftigen Gehölzen

Wenn man von Giftpflanzen spricht, so denkt man unwillkürlich an den Philosophen Sokrates (470-399 v. Chr.), der den Giftbecher mit dem tödlich giftigen Schierlingskraut als Strafe trinken musste. Oder man denke auch an den ebenso tödlich giftigen Knollenblätterpilz, der wegen Verwechslung mit Speisepilzen in einigen Fällen zum Tode führte. Derartige Meldungen in der Presse verursachen leicht Panik. So war von einem Todesbaum zu lesen, gemeint war hier die Eibe (Taxus baccata), einem heimischen Nadelbaum, dessen Pflanzenteile alle mit Ausnahme des roten Samenmantels (ohne Kern) sehr giftig sind. Mit derartigen Vorkommnissen wird die Hysterie geschürt. Der Bürger ist verunsichert, da oft auch unterschiedliche Angaben zu den Pflanzen bekannt sind. Es gibt zahlreiche Pflanzen, deren Wirkung als Heilpflanze bekannt ist und die zugleich Stoffe enthalten, die bei bestimmten Konzentrationen oder Alterszustand der Pflanze giftig wirken. Unter dem Aspekt der Haftung ist es für Gemeinden und Städte schwierig zu beurteilen, welche Sträucher und Bäume hinsichtlich der Giftigkeit an öffentlichen Spielplätzen, Kindergärten und Schulen gepflanzt werden können. Dieses Informationsblatt soll den Kommunen Hilfestellung geben, wie mit diesem Problem umzugehen ist.
Im Übrigen soll auf die "Bekanntmachung einer Liste giftiger Pflanzenarten" vom 10. März 1975 durch den Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hingewiesen werden. Sie enthält eine Aufstellung von giftigen Pflanzenarten die an oder neben Kinderspielplätzen nicht wachsen sollten.

Obwohl mehr als 80 % der Vergiftungsfälle auf Pilze entfallen und Vergiftungen mit so gefährlichen Pflanzen wie Bilsenkraut, Tollkirsche oder Roter Fingerhut äußerst selten sind, sollte die Gefahr nicht heruntergespielt werden. In der Tat finden wir überall Pflanzen, die Stoffe enthalten, die mehr oder weniger giftig wirken. Wollte man jedoch alle möglichen Pflanzen entfernen, die in irgendeiner Weise auf den menschlichen Organismus schädlich wirken, so würde dies unweigerlich zur Ausrottung vieler Pflanzen führen. Und diese giftigen Pflanzen haben im Ökosystem durchaus ihre Daseinsberechtigung.

Nicht nur im Freien finden wir Giftpflanzen, sondern auch in der Wohnung auf der Fensterbank und selbst in der Küche. Bekannte Beispiele für Zimmerpflanzen sind vor allem die Dieffenbachie (Diffenbachia) und der Oleander (Nerium). In der Küche finden wir die Busch- und Stangenbohne, deren rohe Samen sehr giftig sind. Auch die Kartoffel ist giftig, hier alle Teile der Pflanze, besonders die unreife rohe Knolle.
Mit diesen Beispielen wird belegt, daß wir giftige Pflanzen überall finden. Bei der Bepflanzung des öffentlichen Grüns gehen Städte und Gemeinden eine besondere Pflicht ein: Von gepflanzten Gehölzen dürfen weder für Mensch noch Tier Gefahren ausgehen. Nur so können sich Amtsträger davor schützen für die Folge einer Vergiftung auf einem öffentlichen Spielplatz strafrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden.

Denn es muß damit gerechnet werden, daß Kinder alles was sie sehen möglicherweise in den Mund stecken. Egal wo die Kinder sich aufhalten, ob in der Küche, im Garten, auf der Wiese, im Park, im Wald oder an Kinderspielplätzen, besteht diese Gefahr. Eine generelle Ausrottungskampagne zur Begegnung dieses Problems ist der denkbar schlechteste Weg.

Städte und Gemeinden müssen sich jedoch absichern. Hier gibt es im Prinzip nur zwei Lösungswege:
  1. Keine Anpflanzung von bekannten giftigen Gehölzen im Bereich von Kindergärten, Kinderspielplätzen und Schulen. Hierzu zählen vor allem die Eibe, Goldregen, Lebensbaum, Faulbaum, Heckenkirsche, Liguster, Schneebeere und Pfaffenhütchen (siehe Tabelle). Besonders Gehölze mit leuchtenden Früchten verführen oft dazu, diese in den Mund zu stecken.
  2. Eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit betreiben, so daß Erziehungsberechtigte ihre Kinder unterrichten, daß es giftige Pflanzen gibt und diese zu meiden sind. Im übrigen haben die Eltern darauf zu achten, daß nicht alles angefaßt oder in den Mund gesteckt wird.
Fazit: Pflanzen mit giftig wirkenden Inhaltsstoffen gibt es überall. In Kindergärten, Schulen und auf Kinderspielplätzen sollten derartige Gehölze nicht angepflanzt werden. Durch gezielte Informationen sind die Eltern auf die möglichen Gefahren durch Kauen von Pflanzenteilen hinzuweisen.


Gehölze mit giftigen Inhaltsstoffen
Deutscher NameBotanischer NameGiftige Pflanzenteile
Gruppe Stark giftig
Eibe
Goldregen
Lebensbaum
Pfaffenhütchen
Sadebaum
Seidelbast
Stechpalme
Gruppe Giftig
Besenginster
Efeu
Faulbaum
Glycinie
Heckenkirsche, rote
Heckenkirsche, schwarze
Liguster
Schneebeere
Gruppe Schwach giftig
Buchsbaum
Essigbaum
Schneeball, gemeiner
Schneeball, wolliger
Traubenholunder
Zwergholunder
Zwergmispel
Taxus baccata
Laburnum anagyroides
Thuja orientalis und Thuja occidentalis
Euonymus europaeus
Juniperus sabina
Daphne mezereum
Ilex

Sarothamnus scoparius
Hedera helix
Rhamnus frangula
Wistaria sinensis
Lonicera xylosteum
Lonicera nigra
Ligustrum vulgare
Symphoricarpos

Buxus sempervirens
Rhus typhina
Viburnum opulus
Viburnum lantana
Sambucus racemosa
Sambucus ebulus
Cotoneaster-Arten
ganze Pflanze
ganze Pflanze, Frucht
ganze Pflanze
ganze Pflanze, Frucht
ganze Pflanze
ganze Pflanze, Frucht
Frucht

ganze Pflanze, Frucht
Blätter, Frucht
Frucht, Rinde
ganze Pflanze, Rinde
Frucht
Frucht
Frucht
Frucht

Blätter
ganze Pflanze
ganze Pflanze, Frucht
ganze Pflanze, Frucht
Frucht
Frucht
ganze Pflanze, Frucht
Auszug der wichtigsten Gehölze mit giftiger Wirkung, erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit der Liste und der ihr enthaltenen Angaben.
Quelle: H. Liebenow/K. Liebenow (1971) und M. Pahlow

GrBl1997_04.pdf

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