Pilzgifte im Getreide: Fusarium

Scheinbar ein uraltes Problem: Pilzkrankheiten im Getreide

Aus der Zeit um ca. 1800 vor Christus existiert ein sumerischer Zauberspruch gegen die Mehru-Krankheit (hier vermutet man Mutterkorn oder Brand) an Getreide:
“Die Erde gebar den Schmutz, der Schmutz gebar den Halm, der Halm gebar die Ähre, die Ähre gebar Mehru. In dem Feld von Ehnlil... mähte der Mondgott, erntete der Sonnengott, drang Mehru in die Frucht ein”.

In Bibel und Koran wird der Zusammenhang zwischen Mensch, Tier und Pflanze mit dem göttlichem Strafgericht besonders hervorgehoben.

Die indische Medizin sah das Krankheitsgeschehen bei Mensch, Tier und Pflanze ganzheitlich und als selbstverständlich an. Die Behandlung aller Krankheiten oblag vielfach der gleichen Person, dem Arzt. “Ein Mensch von überlegenem Verstande, der die verschiedenen Krankheiten an den hier beschriebenen Symptomen zu erkennen vermag, sollte mit ernstlicher Anstrengung eine ärztliche Behandlung versuchen”. Die indische Medizin fußte auf der aus dem griechischen Kulturkreis stammenden Lehre vom gestörten Gleichgewicht der Körpersäfte, der sogenannten “Humoralpathologie”. Als Heilmittel wurden angegeben, Bodenerneuerung, Behandlung mit Pflanzenaufgüssen, Kuhdungspritzung, Räuchern und anderes, Methoden, die noch teilweise bis heute im ökologischen Landbau Verwendung finden.

Wichtige, die Nahrung belastende Pilze im Getreide

Eine bedeutende Giftgruppe sind die Alkaloide im Mutterkorn. Sie werden durch den Pilz Claviceps purpurea gebildet. Beim Mutterkorn, das in der Ähre als übergroßes Korn erscheint, handelt es sich um pilzliches Dauerorgan. Eine verstärkte Aufnahme der Alkaloide über belastete Nahrungsmittel verursacht starke Gliederschmerzen, Lähmungserscheinungen, Muskelkrämpfe und absterben einzelner Körperteile, mit derweil tödlichem Ausgang. Eventuell stark belastetes Getreide ist nicht vermarktungsfähig. Geringe Mengen an Mutterkorn lassen sich meist durch die Reinigung heraussortieren. Schon im Mittelalter wurde die damals als “St. Antoniusfeuer” bezeichnete Erkrankung beschrieben. Sie äußerte sich in Kribbeln der Haut, Ohrensausen, Krämpfen, Bewußtseinstrübung und dem schmerzhaften Absterben von Finger- und Zehenspitzen.
Die Gifte der Schimmelpilze werden als Mykotoxine bezeichnet. Diese Pilze dringen in das Pflanzengewebe des Erntegutes ein. Der Pilz breitet sich aus und beginnt bei günstigen Umweltbedingungen mit der Mykotoxinproduktion. Mykotoxine können Galle, Leber und Nieren schädigen, das Imunsystem beeinträchtigen sowie zu Funktionsstörungen am Verdauungstrakt und den Fortpflanzungsorganen führen.


Bei stärkerer Belastung des Futters führt dies im Tierbereich zu Futterverweigerung, Erbrechen, Durchfall, Schleimhautentzündungen, zum Absterben von Embryonen und Totgeburten. Wiederkäuer und Geflügel ertragen höhere Konzentrationen als Schweine.

Die Situation bei uns

Die für Mutterkorn am meisten gefährdete Art, der Winterroggen, steht bei uns überwiegend in den höheren Lagen. Dort tritt Mutterkorn praktisch überhaupt nicht auf. In Winterweizen spielt Mutterkorn keine Rolle.


Bei Fusarium stellt sich die Situation etwas anders dar. Der Befallsdruck ist situationsbedingt sehr unterschiedlich. Von Kopf bis Fuß gesundes Getreide ist im allgemeinen auch weniger anfällig für Fusarium als krankes Getreide. Ist beispielsweise die Halmbasis vermorscht, besteht die Gefahr, dass das Getreide früh ins Lager geht. Da das lagernde Getreide nur langsam abtrocknet, hat der Pilz längere Zeit, um die Getreidepflanzen zu infizieren. Da gleichzeitig wegen der Vermorschung des Halmes die Wasser- und Nährstoffzufuhr aus dem Boden in Richtung Ähre gestoppt ist, wird das Getreide notreif. Die Körner bleiben sehr klein. Das geht natürlich dann auch auf Kosten des Ertrages. Bei der Reinigung des Getreides fallen die kleinen Körner buchstäblich durch das Sieb. Eine Verarbeitung als Brotgetreide ist damit ausgeschlossen. Es sind gerade die kleinen Körner, in denen am ehesten Fusariumpilze erwartet werden können. Der Landwirt muss also Wert darauf legen, dass sein Getreidebestand möglichst bis zur Mähdruschernte stehen bleibt. Durch richtige Sortenwahl, das saubere Einarbeiten der Ernterückstände aus dem Vorjahr und ein geschicktes Anbaumanagement wird der Befallsdruck deutlich gemindert.


Die niedrigen bis sehr niedrigen Fusariumtoxingehalte der Braugerste und des Backweizens der hiesigen Region zeigen, dass unsere Bauern ihr Handwerk verstehen.


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