Flechten an Gehölzen

Nachdem die Blätter gefallen sind und man auf die nackten Zweige der Hecke sieht, fallen sie vielen Gartenbesitzern auf: „ raue Beläge“, „Verkrustungen“, „Überwucherungen“ in unauffälligem weiß-grau, aggressivem Schwefelgelb oder rötlichen Farbtönen. Es handelt sich dabei um Flechten, die sich auf Bäumen und Sträuchern, aber auch auf Steinen, gepflasterten Wegen oder dem Dach des Gartenhäuschens ausbreiten.
Flechten sind eine enge Gemeinschaft (Symbiose = Lebensgemeinschaft
zu beiderseitigem Nutzen) aus niederen Pilzen und Algen.

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Im Gegensatz zur Annahme vieler Menschen, die Flechten als Ursache des Absterbens von Ästen und Zweigen ansehen, schaden sie der Nutzpflanze in der Regel nicht. Trotzdem besteht im Einzelfall Handlungsbedarf, wenn Flechten sich so stark ausbreiten, dass sie Knospen überwuchern und diese am Austreiben hindern.Dabei ist jedoch zunächst Ursache und Wirkung zu unterscheiden: Flechten brauchen einen „ruhigen“ Untergrund und dazu noch eine gewisse Luftfeuchte, da sie Nährstoffe und Wasser direkt aus der Luft aufnehmen. Daher findet man sie auch gern auf Mauern und Wegplatten u. a., an der Wetterseite und im Schatten. Auch feuchte Lagen mit Nebel begünstigen sie. An wüchsigen und gut ausgelichteten Bäumen und Sträuchern auf windigen Standorten findet man sie dagegen seltener.

So steht am Anfang häufig ein Baum oder Strauch, dessen Wüchsigkeit nachgelassen oder eine Hecke, die im Innern durch Lichtmangel abgestorbene Zweige hat. Auf den toten Zweigen bzw. auf Ästen und Zweigen, die kaum noch wachsen, siedeln sich Flechten an, die sich unter günstigen Bedingungen (geringer Schwefeldioxidgehalt der Luft, genügend hohe Luftfeuchte, milde Temperaturen) stark vermehren. Dabei kann es vorkommen, dass Knospen des ohnehin schwachen Austriebes überwuchert werden, nicht mehr austreiben können und dann absterben.

Daher ist die erste Maßnahme, die Ursache des geringen Wachstums festzustellen. Dies kann schlicht eine Überalterung sein (Lebenserwartung Hochstamm-Obstbaum: 80 -100 Jahre, Spindelbusch-Obstbaum: 20 bis 30 Jahre), ein Mangelsymptom (zu wenig Wasser, zu wenig Nährstoffe), eine Krankheit bzw. Schädlingsbefall oder auch mangelnder Schnitt.

Ist die Ursache erkannt, sind entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, die den Strauch oder den Baum zu stärkerem Austrieb anregen. Häufig wird dies ein kräftiger Verjüngungsschnitt sein. Bei einer alten Hainbuchen- oder Ligusterhecke kann das z.B. bedeuten, dass man sie kniehoch „auf Stock“ setzt und dann durch regelmäßigen Schnitt neu aufbaut. Bei Beerenobststräuchern wird man mit der Astschere bzw. Säge die ältesten Äste bodennah herausnehmen. Liegt der Verdacht auf Nährstoffunterversorgung vor, kann man sich mit einer Bodenanalyse Gewissheit verschaffen und entsprechen düngen, sollte Wasser fehlen, ist über eine Bewässerung nach zudenken… In der Regel führt dies dann in den nächsten Jahren zu verstärktem Wachstum und vorhandene Flechten stellen kein Problem mehr dar.

Wen jetzt die Flechten immer noch stören, kann sie auf stabilen Untergründen (z.B. Mauern, Stamm, dicke Äste) mechanisch entfernen. Dazu kann man Bürsten oder den Hochdruckreiniger einsetzen.

Übrigens: Hat jemand seinen Garten in einer mehltaugefährdeten Lage bzw. hat er mehltauanfällige Sorten und setzt deshalb regelmäßig Schwefel ein, wird man dort selten Flechtenbefall feststellen, denn Flechten reagieren sehr empfindlich auf Schwefel.








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