Austriebsspritzung - ja oder nein?

Mit einer Austriebsspritzung kann man Schadinsekten, die auf Obst- und Ziergehölzen überwintern, bereits im zeitigen Frühjahr bekämpfen, bevor sie später Schäden verursachen können. Austriebsspritzungen, das sind Spritzbehandlungen zum Zeitpunkt des Austriebs mit speziellen Pflanzenschutzmitteln, können grundsätzlich nur Schädlinge bekämpfen, die zum Zeitpunkt der Behandlung auch tatsächlich auf den Bäumen/Sträuchern vorhanden sind. Solche überwinternden Schaderreger sind zum Beispiel
  • Blattläuse (Eier)
  • Schildläuse
  • Sitkaläuse (Eier und erwachsene Tiere)
  • Spinnmilben (Eier)
  • Spanner (Jungraupen)
  • Wickler (Jungraupen)
  • Gespinstmotten (Jungraupen)

Auch Nützlinge können an Gehölzen überwintern
Den Gartenbesitzern nicht allgemein bekannt ist, dass an den Gehölzen neben Schädlingen auch nützliche Insekten überwintern können. Solche Nützlinge sind zum Beispiel manche Schlupfwespenarten, Raubmilben, Ohrenkneifer u.a.. Außer diesen Insekten, die direkt an den Gehölzen überwintern, können an wärmeren Frühjahrstagen auch schon andere Nützlinge wie z. B. Florfliegen, Marienkäfer, bestimmte Schlupfwespenarten u.a. auf der Suche nach Nahrung fliegen, die bei einer Behandlung getroffen werden könnten. Außer den nützlichen leben ferner eine Reihe indifferenter Arten, also solche, die weder schädlich noch ausgesprochen nützlich sind, an den Gehölzen.
Auch sie sollten von Behandlungen verschont bleiben. Da Austriebsspritzungen nicht selektiv wirken, werden hierbei alle direkt getroffenen Insekten – Schädlinge, Indifferente und Nützlinge – abgetötet. Dennoch wirkt sich eine Austriebsspritzung ökologisch eher weniger nachteilig aus als Behandlungen mit breit wirksamen Insektiziden im Sommer, da in der warmen Jahreszeit einfach wesentlich mehr Tiere und Insektenarten vorhanden sind.

Deshalb: Eine Austriebsspritzung macht nur dann Sinn, wenn im vorherigen Jahr ein hoher Schädlingsdruck vorhanden war!

Die Zeiten sollten vorbei sein, in denen im Frühjahr der ganze Garten vorsorglich mit einer Austriebsspritzung 'versehen' wird. Vielmehr sollte man solche frühen, breit wirksamen Insektizidmaßnahmen nur in ganz bestimmten Fällen, also gezielt, durchführen.
Gerechtfertigt kann eine Austriebsspritzung sein z.B. bei starkem Befall durch
  • Sitkaläuse (besonders an Blaufichten; Behandlung vor Austrieb)
  • Schildläuse
  • Wollläuse (Lärchen, Tannen, Kiefern; Behandlung vor Austrieb)
  • Frostspanner (an Obst- und Ziergehölzen bei starkem Vorjahresbefall)
  • Spinnmilben (an Obstanlagen bei sehr starkem Eibesatz)

Falsch wäre es beispielsweise, wenn man eine Austriebsspritzung auf alle Gehölze im Garten ausdehnen würde, etwa in der irrigen Vorstellung, man könnte auf diese Weise die Blattlausgefahr für das ganze Jahr schon vorbeugend bannen: die relativ wenigen Blattlauseier, die getroffen würden, stehen in keinem Verhältnis zur riesigen Anzahl derer, die im Frühsommer als geflügelte Läuse zufliegen können. Auch wurmige Äpfel, Zwetschen und Süßkirschen lassen sich nicht durch eine Austriebsspritzung vorbeugend bekämpfen, da die Falter- bzw. Fliegeneier, aus denen die Räupchen schlüpfen, erst später abgelegt werden. Ohnehin keinerlei Einfluss hat eine Austriebsspritzung auf pilzliche oder bakterielle Krankheitserreger.

Wenn Austriebsspritzung – welche Präparate kommen in Frage?

Im Hausgartenbereich stehen für diesen Zweck umweltschonende, ungiftige Präparate auf Ölbasis (Mineral- oder Rapsöl) zur Verfügung.


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