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©Dr. Köhler
Gallen: schön und gefährlich !?
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Gallen: schön und gefährlich !?. Was sind Gallen überhaupt? Definition 1 – entnommen aus dem Wörterbuch der Biologie Band ’Phytopathologie und Pflanzenschutz’ sagt: ’Gallen sind durch fremde Organismen bewirkte Wachstumsreaktionen der Pflanzen, die zu Bildungsabweichungen mit gewöhnlich charakteristischer Form führen, bedingt durch anormale Zellbildung und – vermehrung.’ Nimmt man diese Definition wörtlich – so können auch die Geschwüre des Obstbaumkrebses oder die Blattdeformationen der Kräuselkrankheit beim Pfirsich zu den Gallen gezählt werden. Eine ältere Ausgabe des dtv-Lexikons von 1974 definiert Gallen so: ’Gallen sind auffällige Gestaltungsabweichungen am Pflanzenkörper, die von einem schmarotzerischen Lebewesen verursacht werden und der Nachkommenschaft des Verursachers oder ihm selber Nahrung und Behausung bieten.’ - Schön ausgedrückt!! Je nach der Form und Entstehung unterscheidet man: Haar- oder Filzgallen Falten- oder Mantelgallen Roll- oder Beutelgallen Umwallungsgallen Markgallen Da sie an den unterschiedlichsten Pflanzenteilen entstehen können, spricht man von: Wurzelgallen Stängelgallen Rindengallen Blattgallen Knospengallen Fruchtgallen und Samengallen Und um noch weiter zu verwirren: Auch nach der Form oder der Oberflächenstruktur leiten sich die Namen für die Gallen ab: Gallapfel Gallrose Wirrzöpfe Spiralgallen Pockengallen Knopfgallen Napfgallen Linsengallen Schwammgallen Ananasgallen und Herzgallen Egal, – wie man Gallen definiert und wie man sie bezeichnet, ihre auffälligen Erscheinungen faszinieren sehr. Vor allem, wenn man überlegt, dass es meist ja sehr kleine Lebewesen sind, die diese Gewebeveränderungen verursachen. Wer verursacht Gallen? Gallen werden hauptsächlich durch Tiere verursacht, aber auch Pilze und Bakterien kommen als Erreger in Frage. Bei den Pilzen wäre als Beispiel die Kohlhernie (Plasmodiophora brassicae) zu nennen. Dieser bekannte und weit verbreitete Pilz, der an allen Kreuzblütlern vorkommen kann, bildet kropfartige Wucherungen an den Wurzeln, die außen rau und schorfig und im Innern ganz mit Gewebe ausgefüllt sind. Als Folge dieser Wucherungen welkt die Pflanze (vor allem bei trockener Witterung), es gibt bei den Kopfkohlarten keine Kopfbildung und bei frühzeitigem Befall bricht die Pflanze völlig zusammen. Bei einem Spätbefall kann durch Anhäufeln die Kultur noch zu Ende geführt werden, da die Pflanze Adventivwurzeln ausbildet. Ähnliche Gallen produziert der Kohlgallenrüssler. Seine Gallen sind jedoch hohl, da sich in ihnen die Larven dieses Käfers entwickeln. Meist sitzen diese Gallen auch nahe der Erdoberfläche. Die Bekämpfung der Kohlhernie ist eine schwierige und langwierige Sache, da der Pilz Dauersporen ausbildet, die bis zu 10 Jahre im Boden überleben können. Eine Verseuchung des Bodens kann man also nur durch eine weit gestellte Fruchtfolge in den Griff bekommen. Ganz wichtig ist es bei der Vermehrung auf Sauberkeit zu achten, da die Dauersporen z. B. auch in Aussaatkisten über viele Jahre keimfähig bleiben können. Anzuchtflächen und Substrate sollten natürlich auch nicht verseucht sein. Zudem sollte man nur gesunde Jungpflanzen verwenden, d.h. alle Setzlinge mit Wurzelverdickungen müssen aussortiert werden. Abb. 1: Blättrige Gallen – verursacht durch Rhodococcus fascians an Gloxinien Bei den Bakterien kämen als Gallenverursacher sowohl Agrobacterium tumefaciens (der Wurzelkropf), als auch Rhodococcus (syn. Corynebacterium) fascians (Blättrige Gallen) in Frage. Beim Wurzelkropf entstehen starke Wucherungen im Wurzelbereich und am Wurzelhals; die Pflanze welkt und stirbt über kurz oder lang ab. Wirtspflanzen sind z. B. Chrysanthemen, Dahlien, Eriken, Pelargonien, Rosen und vor allem Obstgehölze. Bei den Blättrigen Gallen entstehen meist am Stängelgrund gestauchte, fleischig verdickte Sprosse mit stark verkrüppelten kleinen Blättern (Abb. 1). Sie können u.a. an Gloxinien, Begonien, Nelken oder Pelargonien vorkommen. Bei beiden Bakteriosen gibt es keine direkte Bekämpfung – befallene Pflanzen müssen entfernt werden. Im Obstbau muss darauf geachtet werden, dass keine Gallen im Boden verbleiben, da von dort die Infektion wieder erneut erfolgen kann. Kommen wir jetzt aber zu den Gallen, die durch tierische Schaderreger verursacht werden. Den Kohlgallenrüssler (Ceutorrhynchus pleurostigma) habe ich ja bereits bei der Kohlhernie erwähnt, selten jedoch entsteht durch den 2-3 mm großen Käfer ein wirtschaftlicher Schaden. Ebenfalls Gallen an den Wurzeln verursachen die Wurzelgallennematoden (Meloidogyne sp.). Diese Nematoden sind ca. 1 mm groß, leben im Boden und befallen die Wurzeln. Durch Sekretausscheidungen der Tiere verdicken sich die Wurzeln – die Pflanzen kränkeln und welken. Als Wirtspflanzen kommen u.a. Begonien, Cyclamen, Nelken, Primeln, Rosen, Tomaten, Gurken oder Salat in Frage. Abb. 3 + 4: Gallen an Ahornblättern, verursacht durch Gallmilben Abb. 5: Hörnchen-Gallen an Linde Gallmilben (Eriophyidae) sind ca. 0,1-0,2 mm lang, weißlich und gehören zu den Spinnentieren. Auch sie sondern Speichel ab, der die Pflanzen dann zum Gallenwachstum anregt. Je nach Wirtspflanze und Lebensweise sind die gebildeten Gallen sehr unterschiedlich: auf Ahorn- und Lindenblättern entstehen rötliche Gallen (Abb. 3, 4 + 5) vor allem an schwarzer Johannisbeere verursachen die Gallmilben sog. ’Rundknospen’. Sie überwintern in diesen Knospen, die dann sehr dick und rund sind und nicht mehr austreiben (Abb. 6). an Esche vergallen die Blütenstände – diese Gallen werden auch Klunker genannt (Abb. 7) auf den Oberseiten von Pflaumenblättern entstehen sog. Beutelgallen pockenartige Blattverformungen findet man bei der Birne Abb. 6: Rundknospen an Johannisbeere Abb. 7: ’Klunker’ (vergallte Blütenstände) an EscheAbb. 8: Filzgallmilbe an Weinblättern Obwohl diese Gallen sehr unterschiedlich sind, ist ihre Funktion immer die gleiche: sie dienen als Schutz und Lebensraum für die winzigen Tiere. Aber es müssen nicht immer typische Gallen sein, die durch die Milben gebildet werden. So gibt es Gallmilben, die die Pflanzen zu einem verstärkten Haarwuchs anregen (Filzgallmilbe – Abb. 8). Ein weiteres Schadbild ist das ungleichmäßige Ausreifen bei Brombeeren. Ein Phänomen, das man immer wieder beobachten kann – die Früchte bleiben teilweise rot und die ganze Frucht schmeckt sehr sauer. Mit einer starken Lupe kann man zwischen den Teilbeeren die kleinen Milben (bis zu 250 Tiere pro Frucht) finden, die an den Früchten saugen. Also Vorsicht: Vegetarier sollten von diesen Beeren Abstand nehmen. Eine Besonderheit stellen die freilebenden Gallmilben dar. Sie bilden keine Gallen oder Haare – sie leben einfach an den Blättern und bringen diese durch ihre Saugtätigkeit zum Welken. Auch auf Yuccablättern können freilebende Gallmilben auftreten; sie bilden dort filzige, weißliche Flecken, die selbst von Praktikern schon mit Mehltau verwechselt wurden. Die Bekämpfung der Gallmilben ist zum einen schwierig, weil die Tiere sehr geschützt sind und man sie nicht richtig erreicht. Zum anderen ist eine Bekämpfung meist auch nicht notwendig. Abb. 11: Blasengallen an Ulme – die Blätter der Ulme verformen sich durch die Saugtätigkeit der Läuse zu harten Gallen. Abb. 12: Aufgeschnittene Galle der Rüsterblasenlaus an Ulme Galle der Birnenblutlaus (Schizoneura sp.) bzw. Beutelgallenlaus der UlmeAbb. 14: Aufgeschnittener Schlafapfel – die weißen Larven der Gallwespen sind gut zu erkennen. An Fichten findet man häufig die sog. ’Ananasgallen’ der Fichtengallenläuse. Sowohl die grünen als auch die roten Fichtengallenläuse sind wirtswechselnd mit der Lärche (dort lebt sie übrigens als Wollläuse), die gelben Fichtengallenläuse halten sich dagegen nur auf der Fichte auf. Die Gallen schädigen die Pflanzen nicht – wer sich an ihnen stört, kann sie wegschneiden. Interessant ist auch die Galle der Birnenblutlaus (Schizoneura sp.) bzw. Beutelgallenlaus der Ulme. Sie veranlasst durch ihre Saugtätigkeit, dass sich die Blätter an der Ulme zu Blasengallen (Abb. 11) umformen. Diese Gebilde sind sehr hart und bleiben an den Pflanzen hängen. Die Läuse wandern im Sommer an die Wurzeln der Birnbäume und schädigen diese durch ihre Saugtätigkeit. Gallen werden an der Birne nicht gebildet. Ebenfalls an der Ulme findet man immer wieder die ca. 1 cm großen Gallen der Rüsterblasenlaus (Byrsocrypta ulmi). In diesen Gallen leben die stark behaarten Läuse ebenfalls sehr geschützt (Abb. 12). Die letzte Gruppe der Gallenbildner, die ich erwähnen möchte, sind die Gallwespen (Cynipidae). Die Larven der 1-5 mm kleinen Tiere leben in den Gallen, z. B. an Eiche oder Rose. Besonders an Eichenblättern sind die Gallen sehr auffallend und vielfältig (Abb. 13). An Wildrosen findet man häufiger die sehr großen Gallen der Rosengallwespe (Rhodites rosae) (Abb. 14). Diese Gallen werden auch Schlafäpfel genannt, da sie in früheren Zeiten zur Herstellung eines Schlafmittels verwendet wurden. Abb. 13: Verschiedene Gallen von Gallwespen an Eichenblättern; links Linsengallen, rechts Seidenknopfgallen. Abb. 15: Fichtengallenläuse Zur Überschrift zurück: Gallen – schön und gefährlich? Schön auf jeden Fall, gefährlich in den seltensten Fällen. Im Hausgarten ist eine direkte Bekämpfung meist nicht notwendig – im Erwerbsgartenbau stehen für manche gallenbildende Schaderreger Mittel zur Verfügung. Genaue Auskunft dazu gibt die Gartenakademie. Zum Abschluss hoffe ich jedoch, dass ich mit diesem Artikel, der natürlich nur einen kleinen Teil der Gallen beleuchtet, Ihren Blick für diese Besonderheiten in der Natur geschärft habe. Autorin: Karen Falch, Saarländische Gartenakademie, Tel.: 06881/928109 Literatur: dtv-Lexikon, 1974, Band 7, dtv-Verlag Fröhlich, Gerd, 1991: Wörterbücher der Biologie – Phytopathologie und Pflanzenschutz, Gustav Fischer Verlag Gärtners Pflanzenarzt, 14. Folge 2001, Landwirtschaftsverlag GmbH Griegel, Adalbert, 2001: Mein gesunder Obstgarten, Griegel-Verlag Alle Fotos: Gregor Husken-Thimm, Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer für das Saarland
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